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Mehr Erosion = höheres Gebirge - ein Paradoxon? Abtragung und Hebung ausgeglichen Erosisonsformen und -wirkungen im Himalaya


Melunghi Kang (7006 m)
Mehr Erosion = höheres Gebirge - ein Paradoxon?

Bis hierhin haben wir nur endogene gebirgsbildende Prozesse betrachtet. Der Himalaya und die tibetische Hochebene sind jedoch auch ein erstklassiges Studienobjekt, um Auswirkungen und Rückkoppelungen durch exogene Kräfte zu studieren - ein neues und hochspannendes Forschungsfeld.

In den letzten paar Jahrzehnten haben sich Geologen darauf geeinigt, dass Gebirgsbildung als komplexe Kombination von tektonischen, erosiven und klimatischen Prozessen, die sich gegenseitig durch eine grosse Anzahl von Rückkopplungen beeinflussen, zu verstehen ist. Das Zusammenspiel dieser Prozesse bestimmt letzlich Form und maximale Höhe eines Gebirges sowie die Zeitspanne, die benötigt wird, um diese Gebirgskette entweder zu zerstören, zu erhalten oder noch weiter aufzubauen.

Schema Isostasie Wir nehmen heute an, dass ohne die intensive Erosion, hervorgerufen durch das Monsunklima, der Himalaya nicht sein heutiges Aussehen hätte, im Gegenteil, wahrscheinlicher viel niedriger wäre! Vor etwa 8 Millionen Jahren löste eine Klimaveränderung eine verstärkte Hebung der tibetischen Hochebene aus, die ihrerseits den asiatischen Monsun dramatisch verstärkte. Dieses regenreiche Monsunklima kurbelte die Erosion an, was zu einer Erhöhung des Sedimenteintrags in den Bengal- und in den Indusfluss um den Faktor 13 führte. Die Verstärkung des Monsunklimas und die dadurch erhöhte Erosion führten zu einem Hebungspuls, der als isostatischer Ausgleich, also als Auftriebsreaktion der Kruste auf die erhöhte Erosion, verstanden wird. Derartige Rückkopplungsmechanismen machen klar, dass die Erosion nicht nur an der äusseren Formung der Gebirge beteiligt ist, sondern tektonische Prozesse bis weit in die Kruste hinein beinflusst. Die Erosion kann durch die Gewichtsverminderung der Gebirge tektonische Prozesse unter den Gebirgen beschleunigen. Die Gravitation ist die übergeordnete, limitierende Kraft, die das Gebirgswachstum bestimmt.

Abtragung und Hebung ausgeglichen

Der Himalaya hat nun beinahe eine Situation erreicht, in der Erosion und Hebung sich aufheben, also im Gleichgewicht sind. Einige der jetzt freigelegten Gesteine lagen bis vor etwa 20 Millionen Jahren noch bis 30 km tief in der Kruste. Erdölbohrungen in den Ebenen des Ganges und des Indus haben gezeigt, dass sich entlang des Himalaya-Südfusses ein bis zu 5 km tiefer und 200 bis 300 km breiter Trog erstreckt, der mit Abtragungsmaterial aus dem Himalaya gefüllt ist. Ein noch viel grösserer Anteil des erodierten Materials wurde jedoch im Ganges-Delta, das sich bis nach Sri Lanka ausdehnt, deponiert. Das Gesamtvolumen des während der letzten 40 Millionen Jahre abgelagerten Materials in der Ebene und im Ganges-Delta beträgt ca. 8,5 Millionen Kubikkilometer.

Sedimentmächtigkeiten
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Kleiner Erdrutsch im Flusstal

 

Ein natürlicher Staudamm

Erosisonsformen und -wirkungen im Himalaya

Flüsse und Gletscher sind die am deutlichsten sichtbaren Kräfte der Erosion. Haben Flüsse im Gebirge Erosionsraten von 0,4 mm/Jahr, finden sich bei Gletschern solche von 0,6 mm/Jahr. Eine noch effizientere erosive Kraft sind Massenbewegungen wie Hangrutschungen und Bergstürze. Im Himalaya begegnen wir auf Schritt und Tritt solchen Formen der Destabilisierung. Die reissenden Himalayaflüsse untergraben aus Lockergestein bestehende Hänge, was häufig zu Rutschungen oder Bergstürzen führt. Bis in die Hügel des Vorlandes sind rutschende Lockergesteinsmassen infolge der generell grossen Hangsteilheit in diesem noch sehr aktiven Gebirge verbreitet. Grosse Rutschmassen, die nicht unbedingt unmittelbar zerstörend zu sein brauchen, erstrecken sich zum Teil über ganze Bergflanken. Als Resultat der langsamen Gleitbewegung wird der Fuss des Rutschhanges immer steiler, während der oberste Teil immer flacher wird und dadurch hervorragend geeignete Flächen für Landwirtschaft und kleine Siedlungen in der sonst sehr zivilisationsfeindlichen Landschaft bietet. Während unserer Expeditionen stiessen wir immer wieder auf solche Rutschmassen, die die durch ohnehin schon schwieriges Gelände führenden Strassen gefährdeten. Die häufigsten Formen von katastrophalen Massenbewegungen sind im Himalaya jedoch Bergstürze, die durch Niederschlag oder Schneeschmelze ausgelöst werden, sowie schlammige Flutwellen, die von ausbrechenden instabilen Gletscherseen ausgehen, durch die engen Täler stürzen und Brücken, Häuser und Felder zerstören.



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