Veröffentlicht in: Arbeitshefte Geologie, 1, 75-80, 1996, Hannover.

Visualisierung ausgewählter Tertiärhorizonte des Geotektonischen Atlas von NW-Deutschland im Gebiet von Uelzen

Lindenbeck, Ch., Pflug, R., Ulmer, H. (Universität Freiburg)

Abbildungen:

Abb. 1 (GIF, 17 kB): Datenvorbereitung des Uelzen-Modells am Beispiel des Tiefenlinienplans Basis Untermiozän (tmiV + tmiH = Anlage 16). Oben: Digitalisieren der Pläne in verschiedenen Layern (Programm Digit). Unten: Editieren und kombinieren der Layer-Dateien im Programm Edig. Rechts unten: Abspeichern ausgewählter Ausschnitte in geclippten Digit-Dateien.

Abb. 2 (GIF, 72 kB): Vergleich der Ergebnisse verschiedener Methoden zur geometrischen Modellierung von Grenzflächen. Links: Der Horizont ist in einem regelmäßigen Raster diskretisiert. Rechts: Direkte Triangulation der digitalisierten Stützstellen. Markierungen A und B bezeichnen in den verschiedenen Ansichten identische Positionen innerhalb der Ausbißareale (perspektivische Ansichten sind 10fach überhöht).

Abb. 3 (GIF, 62 kB): Graustufen-Darstellung der verschiedenfarbigen Horizonte des 'Uelzen'-Modells. Links: Gouraud-schattierte Ansicht der Horizonte aus Nordosten. Rechts: Einsatz von Clipping-Planes zur Visualisierung von Modellscheiben (alle Ansichten 5fach überhöht).


1 Einleitung

Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. C. Hinze untersuchte am NLfB Möglichkeiten zur räumlichen Modellierung von geologischen Grenzflächen. Die Anwendung kommerzieller Programmsysteme bildete einen Schwerpunkt in dieser Studie (Binot et al. 1994). Am Geologischen Institut in Freiburg werden seit einigen Jahren Programme zur Konstruktion geologischer Grenzflächen, mit dem Ziel der interaktiven Visualisierung von Flächenverbänden, entwickelt ( Klein & Ramshorn 1991, Lindenbeck & Ulmer 1995). Zur Anwendung und Weiterentwicklung der Verfahren wurden uns freundlicherweise von Dr. F. Kockel (BGR) Tiefenlinienpläne von Tertiärhorizonten aus dem Geotektonischen Atlas NW-Deutschlands zur Verfügung gestellt. Zielsetzung war dabei, einen möglichst einfachen Weg zu finden, um die Informationen aus den manuell konstruierten Tiefenlinienplänen in ein kombiniertes Computermodell des gesamten Flächenverbandes zu übertragen. Als Ergänzung zur herkömmlichen Interpretation mehrerer übereinanderfolgender Tiefenlinienpläne ermöglicht die Nutzung einer interaktiven Visualisierungsumgebung einen effizienten Zugriff auf die geologischen Strukturen des modellierten Gebiets.

2. Datengrundlage und Vorbereitung

Aus 4 Tiefenlinienplänen des Blatts Uelzen (Baldschuhn, R. & Stancu-Kristoff, G., C3126, unveröff. Archiv BGR) im Maßstab 1 : 100.000 wurde ein 32 x 43 km großer Ausschnitt bearbeitet.

Grenzfläche Signatur
Anlage
Basis Untermiozän tmiV + tmiH 16
Basis Mittel- und Oberoligozän tol(m) + tol(o) 15
Basis Mitteleozän bis Unteroligozän teo(m) + tol(u) 14
Basis Tertiär tpao + teou 13

Tab. 1: Ausgewählte Horizonte des Blatts Uelzen (C3126).

Abbildung 1 zeigt den Ausschnitt am Beispiel der Basis Untermiozän. Zwei Möglichkeiten bieten sich an, um die gezeichneten Pläne in Datensätze zu übertragen: (1) Scanner wandeln die Karteninformation zunächst in eine Bitmap-Datei um, in der die Polygone in Abhängigkeit von der gewählten Auflösung als Bildpunkte in einem mehr oder weniger groben Raster erfaßt sind. Dieses undifferenzierte Datenpaket muß vektorisiert werden, wobei den extrahierten Polygonen Attribute wie die Tiefe (Tiefenlinien) oder eine Kennung (Störungen, Ausbißlinien) zugeordnet werden.

(2) Die manuelle Erfassung der Pläne auf einem Digitalisiertisch liegt dem hier vorgestellten Computermodell zugrunde. Dabei werden die Polygone und Bohrpunkte auf den Karten mit einer Digitalisierlupe aufgezeichnet. Die Informationen werden in verschiedenen Layern direkt als Vektordateien abgespeichert. Im oberen Teil der Abbildung 1 ist diese Segmentierung in Dateien für die Basis Untermiozän dargestellt. Im Programm Edig (Edit digit-files) werden die Datensätze zur Nachbereitung in variabler Vergrößerung graphisch editiert und entsprechend der nachfolgenden Modellierung kombiniert. Zur Berechnung von Dreiecksnetzen, die den räumlichen Verlauf der Grenzflächen approximieren, werden bisher Tiefenlinien, Bohrpunkte und Ausbißgrenzen berücksichtigt. Künftig sollen auch die digitalisierten Layer mit dem Verlauf der Sattel- und Muldenachsen einbezogen werden, um die Dreiecksnetze der Horizonte der geologischen Modellvorstellung weiter anzunähern.

3 Methoden zur geometrischen Modellierung

Zur Berechnung der Grenzflächen wurden zwei Verfahren angewendet: (1) Mit der Rastertechnik (Gridding) wird der Modellraum in ein regelmäßiges Raster unterteilt, in das die Polygone und Punkte mit bekannter Tiefenlage projiziert werden. Das Programm sparse (sparse raster, D. Ulmer) liefert als Resultat zunächst ein spärlich besetztes Raster mit Teufenangaben in den Zellen, die im Verlauf der Polygone liegen. Je nach Rasterauflösung und Scharung der Tiefenlinien bleiben mehr oder weniger Zellen unbesetzt. Die Teufen dieser unbesetzten Stellen im Raster werden mit dem Programm sprint (sparse raster interpolation, D. Ulmer) im Gerüst der bereits definierten Zellen interpoliert. Die Störungen werden mit einem bestimmten Attribut in das Raster projiziert und damit als Zellen markiert, an denen die Interpolation der Teufenwerte unterbrochen wird. Die Störungen treten dadurch als Unstetigkeiten im Verlauf des Horizonts hervor. Die Raumlage der Störungsfläche innerhalb des Horizonts wird aber nicht korrekt repräsentiert, weil die Unstetigkeitsfläche im Raster immer eine Zelle breit ist.

Zur Berücksichtigung der Ausbißareale innerhalb des Horizonts werden Hilfsraster erzeugt, in denen die Ausbißgrenzen markiert werden. Mit dem Programm firas (fill raster) werden alle Zellen innerhalb dieser Regionen gekennzeichnet. Bei der folgenden Aufteilung des Horizontrasters in ein Dreiecksnetz (Programm ras2rdis, raster to random connected display file) werden ausschließlich Rasterzellen berücksichtigt, die nicht in dem Hilfsraster markiert sind. In der linken Hälfte der Abbildung 2 sind Ausschnitte eines rastermodellierten Horizonts dargestellt. Zur Orientierung sind in allen Ansichten die Ausbißareale mit A und B bezeichnet. Durch die unregelmäßige Anordnung der Dreiecksverbindungen werden Graphik-Artefakte bei der schattierten Darstellung vermieden. Alle Programmaufrufe der Rastermodellierung sind im UNIX-Shell-Skript struct2hdf (structure to hierarchical display format) zusammengefaßt. So können in einem Arbeitsgang die Horizonte mit veränderter Rasterauflösung oder für unterschiedliche Modellausschnitte neu berechnet werden.

(2) Das verwendete Verfahren zur Konstruktion der Horizonte in der rechten Hälfte der Abbildung 2 führt zu wesentlich kleineren Datensätzen: Die digitalisierten Stützpunkte entlang der Tiefenlinien und die Bohrpunkte werden nach den Kriterien der Delaunay-Triangulation zu Dreiecken vermascht. Die entstandene grobe Approximation der Grenzfläche ist gut geeignet um eine schnelle Übersicht zur Konstruktion der Tiefenlinien in einem Flächenverband zu erhalten. Die Störungen werden im Horizont schlecht angedeutet, können aber aus dem Verlauf der Störungspolygone zu eigenständigen Flächen zwischen den Horizonten trianguliert werden. Vorteilhaft ist die - gegenüber der Rastertechnik - präzisere Behandlung der Ausbißareale. Dazu werden die Stützpunkte der Ausbißgrenzen durch ein Attribut als Randpunkte definiert. Die gewünschten Löcher in der Triangulation ergeben sich über ein zusätzliches Triangulationskriterium: 'Ein gültiges Dreieck hat maximal 2 Randpunkte'. Darüberhinaus erfordern wenige Konstellationen eine interaktive Beeinflussung der Triangulation, die im Programm Trip (Triangulation programm) vorgenommen werden kann.

4 Visualisieren des Schichtverbands

Die Geometriedateien der Horizonte können mit dem Progamm Geo3View interaktiv visualisiert werden. Die Grenze des interaktiven Arbeitens (> 1 Bildaufbau/sec) wird von der Anzahl der zu schattierenden Dreiecke und der Graphik-Hardware bestimmt. Die bei der Systemvorführung eingesetzte Workstation mittlerer Leistungsfähigkeit erlaubt die Animation der 4 Horizonte, diskretisiert in 500 m Rasterzellen, in Echtzeit. Das Verständnis der räumlichen Zusammenhänge in perspektivischen Ansichten wird durch die Bewegung vereinfacht. Abbildung 3 enthält einige Ansichten aus einer solchen Animationsfolge. In Gesamtansichten überdecken sich die Horizonte weiträumig (oben links), weshalb neben dem Ein- und Ausblenden oder der transparenten Darstellung einzelner Horizonte der Modellraum überhöht werden kann. Gute Einblicke werden über verschiedene Kombinationen der Clipping-Planes erzielt (rechts). Mit der Eingrenzung der Darstellung auf schmale Modellscheiben wird die Übersichtlichkeit geologischer Schnitte erreicht. Durch eine kontinuierliche Translation der Scheiben durch den Modellraum ergibt sich ein eindrucksvolles, dynamisches Bild der geologischen Verhältnisse.

Literatur:

Binot, F., Bombien, H., Haertlé, T., Hinze, C., Homann, H.-H., Montes-Weber, S. M., Preuss, H. & Röhling, H.-G. (1994): Studie über die Möglichkeiten räumlicher geologischer Modellierungen im NLfB. Bericht einer abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppe (Reduzierte Fassung).- Interner Bericht,


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