Abb. 1 (GIF, 67 kB): Ausschnitt des visualisierten Grubengebäudes (oben links), Bedienungselemente des Programms Geo3View (oben rechts) und Arbeitsschritte zur geometrischen Modellierung (unten).
Abb. 2 (GIF, 30 kB): Ein zentraler Bereich des Grubengebäudes aus unterschiedlichen Perspektiven. In der Ansicht aus Südwesten (oben) ist der Abbau zwischen 1. und 3. Feldstrecke deutlich zu erkennen. (Px = xte Wasserentnahmestelle, x. F.ü.K = xte Feldstrecke über dem Kappler-Stollen).
Nachdem der Blei-Zink-Bergbau in der Grube Schauinsland (ca. 12 Kilometer südsüdöstlich von Freiburg i. Br.) nach über 750 Jahren Abbautätigkeit im Jahr 1954 aus Rentabilitätsgründen eingestellt werden mußte, wird das aufgelassene Grubengebäude seit 1971 für die Trinkwassergewinnung genutzt. Die Stollenquelle, die bei 980,89 m ü. NN aus dem Kappler Stollen austritt, versorgt den Freiburger Ortsteil Kappel mit Trinkwasser. Die Freiburger Energie- und Wasserversorgungs-AG (FEW) und die Gemeinde Hofsgrund erwägen, neben dieser Wassergewinnung bei Eignung weitere Stollenquellen sowie Grundwasservorkommen im Grubengebäude des ehemaligen Bergwerkes zur Trinkwasserversorgung zu nutzen.
Zur Abgrenzung eines Wasserschutzgebietes für die derzeit genutzte Quelle sowie zur qualitativen und quantitativen Beurteilung des Grundwasservorkommens im aufgelassenen Schauinslandbergwerk und weiterer Stollenquellen wurde vom Geologischen Landesamt im Auftrag der FEW und der Gemeinde Hofsgrund ein hydrogeologisches Untersuchungsprogramm durchgeführt. Durch die Untersuchungen sollte außerdem geklärt werden, ob bzw. ggf. unter welchen Voraussetzungen die Einrichtung eines Museumsbergwerkes ohne Gefährdung der bestehenden Trinkwassergewinnung bzw. künftiger geplanter Entnahmen möglich ist.
Die räumlichen Verhältnisse im Grubengebäude mit den Stollen, Strecken, Schächten, Fahrrollen sowie den abgebauten und z.T. wieder mit Abraum verfüllten Gangscheiben können durch das verfügbare Kartenmaterial nur unzureichend dargestellt werden. Das Grubengebäude erstreckt sich von knapp unterhalb des Schauinslandgipfels (1284 m ü. NN) bis auf 458 m ü. NN. Die Streckenlänge beträgt vermutlich über 100 Kilometer. Um die Informationen des Kartenmaterials (über 100 Grund- und Seigerrisse) optimal zu nutzen, wurde auf Anregung des Geologischen Landesamtes von der "3D-Arbeitsgruppe" um R. Pflug am Geologischen Institut ein räumliches Computermodell des Grubengebäudes erstellt. Das Modell diente als Arbeitsgrundlage sowohl bei der Erstellung des hydrogeologischen Untersuchungsprogrammes als auch bei der Darstellung und der Interpretation der Ergebnisse.
2 Geometrische Modellierung und Visualisierung des Grubengebäudes (Ch. Lindenbeck)
Programme zur dynamischen Visualisierung geologischer Strukturen werden seit vielen Jahren am Geologischen Institut entwickelt. Inzwischen steht mit Geo3View eine leistungsfähige Visualisierungsumgebung zur Verfügung. Die umfangreiche geometrische Modellierung des Grubengebäudes im Schauinsland ist Thema einer Diplomarbeit (Ganter 1995) am Geologischen Institut der Universität in Freiburg gewesen. Ein Grossteil der dazu verwendeten Programme wurde in Zusammenhang mit der Visualisierungsumgebung Geo3View entwickelt ( Klein & Ramshorn 1991, Lindenbeck & Ulmer 1995). Für das Grubenmodell wurde ein Konzept zur Erweiterung der Visualisierungsumgebung Geo3View um spezifische Konverterprogramme (s. Tab. 1) entworfen. Eine kurzgefasste Übersicht zur Anwendung der Methoden findet sich in Ganter, Lindenbeck, Pflug & Ulmer (1995). Als Grundlage der räumlichen Visualisierung dienen Dreiecksnetze, die schattiert perspektivisch dargestellt werden können. Interaktiv können Modellteile ausgewählt werden und unter jedem beliebigen Blickwinkel aus verschiedenen Entfernungen betrachtet werden. Die Umsetzung der Strecken und Stollen aus den Grubenrissen in Dreiecksnetze wurde später ergänzt um die Schächte, die Abbaue, grössere Störungszonen und Wasserentnahmestellen. Zur Zeit werden alle Eintragungen geologischer Messwerte aus den Grubenrissen in das Modell übernommen. Zur Anfertigung des geometrischen Modells wurden folgende Programme verwendet und zum Teil neu entwickelt:
Programmname | Funktion |
|
Digit | Digitalisieren der Grubenrisse | pf/ra |
Edig | Editieren der digitalisierten Punktpaare | li/ul |
p2t | Berechnen von Dreiecksnetzen der Streckenumgrenzung aus den Punktpaaren | ga/li |
p2s | Berechnen der Schächte aus Endpolygonen | ga/li |
mkxyz | Extrahieren der Streckenteile aus digitalisiertem Datensatz | ga/li |
xylen | Berechnen der Länge der konstruierten Strecken | ga/li |
disquad | Konstruktion von Quadern an den Wasserentnahmestellen | li/ul |
Trip | Triangulieren der Störungszonen und Abbaue | li/ul |
geoplane | Berechnen von Flächen entsprechend der Raumlage und Position geologischer Messwerte | li/ul |
dgm2xyz | Ausschneiden von Teilbereichen aus Digitalen Geländemodellen | li/ul |
Tab. 1: Zur geometrischen Modellierung verwendete Programme (Autoren: ga = S. Ganter, li = Ch. Lindenbeck, pf = R. Pflug, ra = Ch. Ramshorn, ul = H. Ulmer).
Abbildung 1 gibt einen Überblick in drei Teilen:
Im linken oberen Abschnitt ist ein Teil des Grubengebäudes dargestellt. Der gewählte Ausschnitt zeigt das Bergwerk zwischen 700 m (ü. NN) und 1200 m im Gipfelbereich des Schauinslands. Neben Leopold- und Kappler-Stollen sind Feldstrecken und Schächte des zentralen Teils der Grube eingeblendet. Die Lage des zwischen Clipping-Ebenen eingegrenzten Ausschnitts ist zusammen mit der Geländeoberfläche in der kleineren Teilabbildung unterhalb markiert.
Der rechte obere Teil der Abbildung 1 zeigt das Graphikfenster von Geo3View und einige der GUIs (Graphical User Interfaces) mit denen die Visualisierung interaktiv gesteuert wird. Im Hauptfenster ist - durch eine andere Einstellung der Clipping-Ebenen - das gesamte Modell auf die Darstellung eines kleinen Teilbereiches aus der 2. Feldstrecke (2. F.ü.K) über dem Kappler-Stollen eingegrenzt worden. Hieraus wird ersichtlich, in welchem Detail die Modellierung von S. Ganter durchgeführt wurde. Der vergrösserte Ausschnitt ist im Übersichtsschnitt im linken Teil markiert (2. F.ü.K.). Die Begrenzung auf ein beliebiges Subvolumen wird mit Geo3Clip eingestellt, indem die Lage von 6 Clipping-Ebenen über die Slider gewählt wird. Die Entfernung und die Orientierung des Ausschnitts im Graphikfenster kann mit Geo3Track (virtual Trackball) gewählt werden. Die Vergabe von Attributen wie Farbe und Transparenz für bestimmte Streckenabschnitte oder andere Gruppen von Dreiecksnetzen wird mit dem Geo3Rgb-Programm festgelegt. Die Farbe kann dazu aus den Komponenten rot, grün und blau gemischt oder aus einem umfangreichen Menü ausgewählt werden. Bis zu 8 Lichtquellen können über das Programm Light konfiguriert werden. Die Richtung und Intensität der Beleuchtung beeinflusst die schattierte Darstellung der Dreiecksnetze. Alle Tools generieren Kommandos, die im Hauptprogramm ausgewertet werden. Mit einer umfangreichen Kommandosprache kann die Darstellung auch ohne GUIs gesteuert werden. Zur Texteingabe und Ausgabe von Mitteilungen des Systems wird eine Kommando-Shell benutzt. Als nützlich hat sich die Anfertigung von modellspezifischen Menüs erwiesen. Das Menü zum Schauinsland ist am rechten Rand abgebildet. Alle Strecken und Stollen können damit ein- und ausgeblendet werden, ohne dass die entsprechenden Kommandos bekannt sein müssen. Andere Menüeinträge stellen vordefinierte Blickwinkel und Ausschnitte ein.
3 Ergebnisse der hydrogeologischen Untersuchungen (G. Wirsing)
Das Schauinslandmassiv wird größtenteils aus Diatexiten und Anatexiten aufgebaut, die i. a. geringe Leit- und Speichereigenschaften für das Grundwasser aufweisen. Die Erzgänge, die das Gestein durchsetzen, führen bis zu einigen zehntel Liter Wasser pro Sekunde. Die Wasserführung der Klüfte ist im oberflächennahen Bereich z.T. beträchtlich, im Grubeninneren nimmt sie z.T. auf unter 0,1 l/s ab. Auf den Störungen, entlang denen das Nachbargestein zu tonigem Letten zerrieben wurde ("Ruschelzonen"), zirkulieren nur geringe Wassermengen. Durch das Stollensystem wird das über Klüfte und Erzgänge im Grubenzentrum zutretende Grundwasser gesammelt und entsprechend dem Gefälle, mit dem die Stollen aufgefahren wurden, nach Übertage oder über Schächte in tiefere Grubenbereiche abgeleitet.
Zur Klärung der hydrogeologischen Verhältnisse wurden über- und untertägige Schüttungsmessungen, isotopenhydrologische (Sauerstoff-18 und Tritium) und hydrochemische Untersuchungen sowie ein Markierungsversuch durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in einem Gutachten (GLA, 1995) dargestellt. Abbildung 2 zeigt zwei Ansichten eines Teilbereiches des Grubengebäudes mit den Probeentnahmepunkten. Während der Interaktion mit dem Modell werden die räumlichen Verhältnisse am Bildschirm wesentlich deutlicher als in der zweidimensionalen Schwarzweiß-Abbildung.
Die Grubenwässer lassen sich isotopisch in eine schnell fließende Komponente mit hohen Anteilen von kurzfristig zutretenden Niederschlagswässern und variierenden Sauerstoff-18-Gehalten und in zwei Komponenten mit ausgeglicheneren hydrochemischen und isotopenhydrologischen Eigenschaften, die nicht deutlich von kurzfristig zutretenden Niederschlagswässern beeinflußt werden, einteilen. Wegen der innerhalb des Grubengebäudes wiederholt auftretenden Vermischung der Wässer ist eine sohlenübergreifende Verfolgung der Fließwege mittels isotopisch unterschiedlich markierter Wässer nicht generell möglich. Eine Beeinflussung der genutzten Stollenquelle durch Grundwässer aus dem zentralen Teil der Grube konnte ausgeschlossen werden.
Grundwasser, das aus nicht oder nur z.T. ausgeerzten Gängen austritt, weist deutlich erhöhte Gehalte an Blei, Cadmium und Zink auf, wobei die Konzentrationen stellenweise weit über den jeweiligen Grenzwerten der Trinkwasserverordnung liegen. Obwohl es sich hierbei in der Regel nur um geringe Wassermengen handelt, kann ihre Vermengung mit geringer belastetem Grubenwasser zu deutlich erhöhten Schwermetallgehalten des Mischwassers führen.
Durch den Markierungsversuch konnte trotz einer geringen Wiederfindungsrate der Fließweg des Grubenwassers im Grubengebäude von der Eingabestelle im Bereich des geplanten Besucherbergwerkes (ca. 1144 m ü. NN) bis auf das Niveau der Leopoldsohle (ca. 838,8 m ü. NN) verfolgt werden. Die maximale Fließgeschwindigkeit des Grubenwassers von der Eingabestelle bis zum Mundloch des Leopoldstollens betrug ca. 14 m/Tag, die maximale Fließgeschwindigkeit auf einer Teilstrecke ca. 85 m/Tag. Bedingt durch eine künstliche Ableitung des Grubenwassers in tiefere Grubenteile liegt das geplante Besucherbergwerk nicht im direkten Einzugsgebiet der genutzten Stollenquelle.
Die 3D-Modellierung des Grubengebäudes des Schauinslandbergwerkes ermöglicht die perspektivische räumliche Darstellung des Stollensystems und die Visualisierung der hydrogeologischen Untersuchungsergebnisse. Durch die Nachführung des Modells können in Zukunft untertägige Maßnahmen wie z.B. Aufwältigungsarbeiten oder natürliche und künstliche Veränderungen der Fließwege des Grubenwassers dokumentiert sowie die untertägige Grenzziehung von Wasserschutzgebieten für genutzte Grubenwässer und Planungen, die z.B. im Zusammenhang mit einem Besucherbergwerk stehen, dargestellt werden.
Ganter, S. (1995): 3D-Modellierung der Grube Schauinsland, Südschwarzwald.- 80 S., unveröffentlichte Diplomarbeit, Geol. Inst. Univ. Freiburg.
Ganter, S., Lindenbeck, Ch., Pflug, R. & Ulmer, H. (1995): Geometrische Modellierung der Grube Schauinsland bei Freiburg im Breisgau.- Schriftenreihe des BDG, 14, S. 101-103.
GLA Az.1129.01/94-4763 vom 18.10.1995: Hydrogeologisches Gutachten zur Beurteilung des Grundwasservorkommens im Grubengebäude des Schauinslandbergwerkes sowie zur Abgrenzung eines Wasserschutzgebietes für die Stollenquelle Nr. 14 Kappel der Freiburger Energie- und Wasserversorgungs-AG (unveröffentlicht).
Klein, H. & Ramshorn, Ch. (1991): 3D-Computergraphik zum Visualisieren von geologischen Strukturen und simulierten geologischen Prozessen.- 140 S. + 43 S. Anhang, Dissertation Geowiss. Fakultät Universität Freiburg.
Lindenbeck, Ch. & Ulmer, H. (1995): Entwicklung und Anwendung von Computerprogrammen zur Visualisierung geologischer Strukturen und Prozesse.- Freiburger Geowissenschaftliche Beiträge, 9, 280 S.