Geologie im Paläozoikum der Südvogesen
- die Klippenlinie" im Gebiet um Abrutsch und Rennenbachfels -
Das bearbeitete Gebiet liegt im Bereich der sog. Klippenlinie, nördlich der Gemeinde Geishouse unterhalb des Grand Ballon oder etwa 15 km nordwestlich der Stadt Thann im Thurtal.
Aufgabe der Arbeit ist es, die bisherige Darstellung der Klippenlinie als bedeutende Überschiebungszone in den Südvogesen zu überprüfen. Sie steht thematisch eng in Zusammenhang zur Arbeit von Mark Himmelhan 1997.
Abb 1.: Übersicht über die tektonogeographischen Bereiche und Lage des Kartiergebietes (verändert nach Maass 1988)
Abb 2.: La Klippe de Treh
Schematischer Schnitt - Jung 1926
Es soll das Einschuppen von Grundgebirgsspänen ins Oberkarbon dargestellt werden.
Das Auffallende an der Klippenlinie sind die immer wieder auftretenden"Fremdgesteine". Sie bestehen einerseits aus Grundgebirgsmaterial (Ultramafite und Gneise) und andererseits Sedimenten (Grauwacken und Konglomerate), die keine Metamorphose aufweisen.
Erklärt wurde dies bisher damit, daß die Gesteinskörper bei der Überschiebung von der
devonisch-karbonischen Basis abgeschürft, und, teilweise sogar mitsamt dem auflagernden
oberdevonischen Sedimenten, als tektonische Späne ins Karbon eingeschuppt wurden.
Tatsächlich ist aber nur in einem Fall devonisches Sediment in der Nachbarschaft von Klippenvorkommen nachgewiesen worden. Maass und Stoppel 1982 konnten am Markstein anhand von Conodonten eine Einstufung ins Oberdevon (wahrscheinlich Oberdevon II-III) vornehmen. Allerdings grenzen die oberdevonischen Sedimente tektonisch an die Klippengesteine enthaltenden Sedimente .
Betrachtet man das umgebende Sediment, in das die Klippengesteine eingebettet sind, so
fällt auf, daß die Fazies auffällig ähnlich und immer karbonisch ist. Sie ist durch mächtige Folgen von laminierten Tonen und seltenen eingelagerten Grauwackenbänken charakterisiert. Im allgemeinen sind diese Sedimente sehr fossilarm und monoton. In fossilführenden Rutschungen, Rinnenfüllungen oder umgelagerten Flachwasserkalken läßt sich vereinzelt oberes Visé nachweisen.
Die als tektonische Schürflinge angesehenen Fremdgesteinskörper liegen in fast allen Vorkommen als isolierte Blöcke ungestört in Sedimenten des oberen Visé. Dabei sind sie meist deutlich von der Klippenlinienstörung entfernt (etwa 1km beim Rennbachfelsen) oder sogar ganz unabhängig von ihr ( Willer sur Thur, Murbach). Lediglich am Markstein und am Thalhorn liegt die Störung unmittelbar an den Fremdgesteinskörpern. Dies läßt folgern, daß die Fremdgesteine keine tektonischen Schürflinge sind, sondern vielmehr synsedimentär abgelagert wurden, also als Olistolithe interpretiert werden können.
Die Größe der Olistolithe liegt im cm- bis km- Bereich. Grundsätzlich lassen sich zwei Gesteinstypen unterscheiden:
Innerhalb des Grundgebirgsmaterials treten tektonische Phänomene auf. Insgesamt haben die Gesteine ein grünschieferfazielles Aussehen.
Für die Gneise jedoch gibt es Anzeichen, daß sie primär amphibolithfaziellen Charakter hatten (Sillimanit, Cordierit, Granat) . Ihre primäre Foliation kann zusätzlich duktil oder kataklastisch zerstückelt sein.
Unter den Ultramafiten sind besonders die Gabbros maximal grünschieferfaziell überprägt und ebenfalls kataklastisch oder duktil deformiert.
Treten Serpentinite auf, sind sie eher verschiefert.
Abb. 3: Gabbro aus Olistolith (Abrutsch)
deutlich zu erkennen sind die "verschmierten" Feldspäte und die
kataklastische bis duktile Deformation
Dünnschliffzeichnung als freundl. Leihgabe von Prof. Dr. Rudolf Maass Ausschnitt ca 2cm * 2cm
Abb. 4: Gneis aus Olistolith (Thalhorn)
stark duktil und kataklastisch deformiert
Dünnschliffzeichnung als freundl. Leihgabe von Prof. Dr. Rudolf Maass Ausschnitt ca 2cm * 2cm
Am Beispiel des Thalhorns (Mark Himmelhan 1997) ist zu erkennen, daß die Sedimente diskordant an die Olistolithe anlagern. Versetzt man die Schichtung in die horizontale Ausgangslage zurück, läßt sich ein Relief des ursprünglichen Grundgebirges konstruieren.
Auf dieses unregelmäßige Relief wurden nun einerseits Grauwacken mit einzelnen, gut gerundeten Geröllen aus Granit und Dolerit abgelagert. Die Grauwacken sind massig und zeigen selten Schichtungsmerkmale. Manchmal treten linsenförmige Ansammlungen von Geröllen auf. Das Material und der gute Rundungsgrad lassen auf einen Ferntransport schließen.
Andererseits können auch Brekzien aus Grundgebirgsmaterial selber als Überlager auftreten. Sie werden als Hangschuttfahnen interpretiert und habe somit einen kurzen Transportweg.
Das Material des devonischen sedimentären Überlagers weist höchstens regionale Metamorphose (Hornfelsbildung durch Granitkontakt) auf, aber keine grünschieferfazielle Überprägung. Auch sind keine duktilen oder kataklastischen Scherbahnen oder Zerstückelungen, wie in den Grundgebirgsassoziationen, zu finden.
Also läßt sich folgern, daß die Gesteine des Grundgebirges von mindestens einem prä-oberdevonischen tektono-metamorphen Ereignis betroffen wurde. Anschließend muß erhebliche Erosion stattgefunden haben. Erst dann kam es zur Ablagerung von jüngeren Sedimenten, wahrscheinlich devonischen Alters.
Die synsedimentäre Umlagerung als Olistostrom erfolgte vermutlich erst im oberen Visé.
Ein Hinweis auf das Alter des tektono-metamorphen Vorgangs in den Grundgebirgs-Olistholithen läßt sich im Schwarzwald finden. In der Badenweiler-Lenzkirch-Zone enthalten ordovizisch-silurische Sedimente, die grünschieferfaziell überprägt und intensiv geschiefert sind, häufig Gabbrogerölle. Diese Sedimente sind nun umgelagert im devonisch-karbonischen Grenzbereich in unmetamorphen und ungeschieferten Einheiten als Gerölle zu finden. Ähnliche Gerölle gibt es aber auch in den karbonischen Konglomeraten des Marksteinbereiches in den Südvogesen. Somit läßt sich das Alter des tektono-metamorphen Vorgangs auf die Übergangszeit Silur-Unterdevon eingrenzen.
Das Arbeitsgebiet
Das Arbeitsgebiet läßt sich grob in einen nördlichen und südlichen Bereich gliedern, die durch eine Störung = Klippenlinie" getrennt werden.
Der Nördliche Bereich ist durch Grauwacken (mit gelegentlichen Schüttungen aus Gneisbrocken) und Tonen aus dem Karbon charakterisiert. Das allgemeine Streichen beträgt ca. 160°. Als Alter gibt Grimm aufgrund von Funden von Andesitgeröllen die Mittlere Einheit (also Obervisé , Maass 1988) an.
Südlich der Störung sind tonige Serien mit Olistolithen. Das Streichen ist ähnlich dem des nördlichen Bereiches. Grauwacken kommen nicht mehr vor. Die Olistolithe liegen nicht direkt an der Störung, sondern sind etwa 800 - 1000 m davon entfernt. Das devonische Überlager ist evtl. nur noch an einem Vorkommen am Rennbachfels vorhanden.
Als Mechanismen der Olistolithablagerung wären gravitative Gleitungen oder Rinnenschüttungen denkbar, beides sind Erscheinungen von Turbiditen.
Die Störung kann nur durch das Abschneiden der Grauwackenschichten im Streichen festgemacht werden. Grauwacken kommen nur im nördlichen, nicht aber im südlichen Bereich vor. Die Tone lassen sich in beiden Bereichen nicht unterscheiden.
Die Störung verläuft relativ gerade, quer über alle Höhenlinie hinweg. Hierbei ist zu diskutieren, ob es sich bei der Störung eher um eine Blattverschiebung handelt (was wahrscheinlicher ist), als um eine steile Überschiebung. Kriterien hierzu sind auch die relative Länge der Klippenlinie als Ganzes, sowie die geringen Unterschiede im Streichen der angrenzenden Schichten.
Über den Betrag ihres Versatzes, im Falle einer Blattverschiebung, ist keine Aussage zu machen.
Abb. 5: vereinfachte geologische Karte (Stegl 1998)
Krohe & Eisbacher 1988 stellen einen Bezug zur Badenweiler-Lenzkirch-Zone her, was aber aus folgenden Gründen nicht nachvollziehbar ist:
Nach Maass 1988 ist der Schwarzwald gegenüber denVogesen an einer N-S verlaufenden Blattverschiebung um 30 km versetzt. Demnach kommt die Badenweiler-Lenzkirch-Zone auf die Höhe von Belfort zu liegen.
Zudem fehlt an der Klippenlinie die Einbeziehung von metamorphen Einheiten des tieferen Grundgebirges oder von grünschieferfaziellen, altpaläozoischen Sedimenten, wie dies im Schwarzwald (Badenweiler-Lenzkirch) der Fall ist.